Back to top
15 07 | '17

Jagen oder füttern.

Manchmal begibt man sich mit dem Gewehr auf Jagd nach einer phantastischen Idee. Doch die Idee ist nicht so blöd, sich mitten im Wald zu zeigen, wenn da jemand mit einem Schiesseisen herumfuchtelt. Und so spazieren da all die mittelmässigen Ideen herum und statt eine von denen mitzunehmen, springt man von einer Lichtung zur nächsten in der Hoffnung, doch noch der phantastischen Idee zu begegnen. Wenn doch nur xyz passieren würde, dann könnte ich... Es dauert eine Weile, bis man kapiert, dass diese ganzen Durchschnittsideen, die da freudig herumhüpfen und ein paar Grashalme kauen, irgendwann zu einer phantastischen Idee heranwachsen könnte. Wenn man sie einfängt, statt sie abknallen zu wollen, sie gut füttert, mit ihnen schmust und spielt, dann hat man plötzlich eine sehr zutrauliche phantastische Idee mitten im Wohnzimmer stehen. Das bedingt allerdings langes Commitment, tonnenweise Futterstroh, Schaufelweise Scheisse, die entfernt werden muss, immer frisches Wasser. Seit gut acht, neun Monaten lebt die Idee nun bei mir in der Wohnung. Manchmal befürchte ich, dass sie mir wegstirbt. Und dann sitzt sie eines Morgens plötzlich auf meiner Bettdecke und guckt mich zutraulich an, ist zum Spielen aufgelegt. Das Papier zeigt immer wieder ähnliche Elemente, doch wandeln sie sich ständig ein wenig, werden mit jedem Monat ein wenig besser, definierter. Ob daraus eine phantastische Idee heranwächst, weiss niemand. Muss auch niemand wissen. Nicht, solange wir so eine schöne Zeit verbringen, nicht, solange jeder Pinselstrich und jedes Blatt Papier ein neues Universum eröffnen.