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01 10 | '16

Von Luftschlössern und pupsenden Engeln

Ich mag keine Luftschlösser mehr bauen. Luftschlösser sind doof. Die kenne ich sehr gut, darin rennen kleine Kinder mit Engelsflügeln im Kreis und pupsen Seifenblasen, während die Erwachsenen besoffen in der eloquenten Pose eines Faultieres an den Ästen eines Baums hängen. Ab und zu fliegt ein Wölkchen vorbei, auf dem ein Schild steht: "Wolke 7". Zugepupst von Seifenblasen hänge ich also an meinem Ast und schaue über die Schlossmauern in die Ferne, als ich plötzlich einen Knall höre. "Fuck!", denke ich und da gehts auch schon in rasantem Fall abwärts. Das aufblasbare Gummischloss hatte ich im Internet bestellt – und jetzt ist die Naht aufgeplatzt. Ich bereite mich auf den Aufprall vor. Ein ziemlicher Ruck geht durch das Schloss, mehr nicht. Wir sind in den Ästen eines Baums hängen geblieben. Für einmal Glück gehabt.

Okay, denke ich mir, Höhenflug funktioniert also nicht. Ich klettere auf den Boden runter und setze mich hin. Was nun? Man könnte natürlich auch anfangen, Steine aufeinander zu schichten, mal eine erste Mauer zu bauen. So haben die vor ein paar hundert Jahren noch Schlösser gebaut und die Dinger stehen immer noch. Allerdings haben viele Architekten die Fertigstellung ihrer Bauwerke nicht überlebt. Ich wollte jetzt auch nicht grad ein Kunstwerk schaffen, das meine Ururenkel dann fertigstellen können. Also schön denke ich, dann muss das Schloss halt kleiner werden. Nur so in der Grösse des Zürcher Hauptbahnhofs. Verwerfe ich ganz schnell wieder, als ich bei meinen Berechnungen auf ein Enddatum von 2150 komme.

Potenzial, meine Ideen haben immer ganz viel Potenzial. Leider haben sie vor allem das. Was am Schluss rauskommt, hat immer noch viel Potenzial – leider wenig umgesetztes. Ich sollte inzwischen wissen: Fast Food schmeckt nicht nur scheisse, man hat nach zwei Stunden schon wieder Hunger. Und "Fast Art", hochgezüchtet mit Wachstumsbeschleuniger, ist das Material nicht wert, mit dem es hergestellt wurde. Landet am Schluss meistens in der Mülltonne. Es gibt keine Abkürzung, keinen schnelleren Weg.

Wenigstens sind die pupsenden Kinder weg, denke ich (denn die sind mit ihren Flügelchen zum nächsten Schloss rüber geflogen, bevor sie abstürzen konnten). Setze mich auf meinen Hintern und schichte Sand auf einen Stein, stelle einen andern drauf. Der Anfang ist gemacht. Schauen wir mal, wie gross das Schloss tatsächlich wird.