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28 03 | '17

Brandbeschleuniger.

Ich war eine eifrige Nutzerin von Brandbeschleunigern, um im Studium bessere Ergebnisse erzielen zu können. Das Hören von sehr emotionaler Musik, um mich zu pushen, zum Beispiel. Das geht aber nur bis zu einem Punkt, dafür ist man hinterher emotional völlig ausgelaugt. Alkohol (wenn auch eher selten, da mir die Gefahren in diesem Zusammenhang wohlbekannt sind). Koffein und Zucker, um die Konzentration wieder zu holen – dafür zu wenig Nahrhaftes. Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte ich mich wie eine Guerilla-Kämpferin durch den Dschungel. Oder wie die Frauen im Kreissaal, wo es heisst: "Pressen! Pressen!" Und am Schluss war es dennoch immer eine Zangengeburt. Lob bekam ich witzigerweise immer dann, wenn ich mal eben zwei Stunden vor mich hin blödelte, wenn ich grad den Schalk im Nacken hatte oder aus Protest irgendwelchen Mist zeichnete. Und nach einer zwölf-Stunden-Schicht in der Druckwerkstatt bekam ich ein "naja" zu hören. Es war zum Verrücktwerden!

Mit Brandbeschleuniger geht man über seine Grenzen und das kontinuierlich. Dahinter steckt eine Angst, nie gut genug zu sein. Egal, was ich machte, es sollte immer noch besser, noch auffallender, noch aussergewöhnlicher sein. Das bescherte mir ein paar aussergewöhnliche Ideen, dafür eine kontinuierliche Unzufriedenheit. Ich fragte mich, ob ich die nächsten dreissig Jahre auf diese Art kreativ sein will – und die Antwort lautete definitiv nein. Denn die Gestaltung war zu etwas verkommen, das sie nie sein sollte. Gestaltung war für mich genauso wie das Schreiben immer Genuss pur gewesen – und dann hörte ich auf ein paar Stimmen, die mir sagten, dass dieser Genuss falsch sei, dass es um harte Arbeit ginge, um Leistung, um noch besser, noch höher, noch weiter. Wenn das wirklich wahr wäre – warum waren dann die Arbeiten, die ich mit dieser Einstellung produziert habe, immer nur schnödes Mittelmass?

Natürlich kann es nicht sein, dass man sich nach einem Bild zurücklehnt und sagt: "Ich bin ein Genie." Natürlich ist es nicht immer leicht und natürlich muss man Frustration aushalten und es immer wieder erneut versuchen. Aber nicht, weil danach das grosse Lob auf einen wartet. Sondern für diesen einen magischen Moment, in dem sich eins ins andere reiht, in dem alles fliesst und man eins wird mit der Kunst, dem Leben und sich selbst. Kein Pressen, sondern in die Hocke gehen, die Schwerkraft ihren Job tun und das Baby entspannt zur Welt kommen lassen. Dann braucht es gar nicht so viel.

Es ist vollkommen genug.

 

(Anmerkung: dieser Text ist schnödes Mittelmass. Und das darf er auch sein.)